Für wen ist das Angebot (Zielgruppe)
Die psychosoziale Erstberatung in der Zentralen Unterbringungseinrichtung der Stadt Hamm betreut und begleitet Geflüchtete, welche verpflichtet sind, in einer nordrhein-westfälischen Aufnahmeeinrichtung i.S.v. § 44 AsylG zu wohnen.
Berücksichtigung finden hierbei insbesondere:
- psychisch kranke und/oder traumatisierte Menschen,
- Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen und/oder Behinderungen,
- Schwangere,
- schutzbedürftige Frauen, insbesondere alleinerziehende Frauen mit minderjährigen Kindern,
- minderjährige Kinder,
- Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer und sexueller Gewalt erlitten haben,
- LSBT*I*Q-Personen,
- Menschen, die von Menschenhandel betroffen sind,
- alte Menschen.
Das Angebot der psychosozialen Erstberatung richtet sich nicht an das Personal weiterer Akteure in der Einrichtung (zuständige Bezirksregierung, Betreuungs- Sicherheitsdienstleister, soziale Beratung etc.). Die Zuständigkeit der psychosozialen Erstberater*innen für Geflüchtete i.S. der Zielgruppe endet grundsätzlich mit dem dauerhaften Verlassen der Zentralen Unterbringungseinrichtung durch letztere (insbesondere aufgrund von Transfer, Überstellung/ Abschiebung, freiwilliger Ausreise oder kommunaler Zuweisung).
Ziele
Die psychosoziale Erstberatungsstelle soll das frühzeitige Erkennen schutzbedürftiger Asylsuchender und Flüchtlinge i.S.v. Art. 21 EU-Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) fördern, Schutzbedürftigen erste, insbesondere psychologische und psychosoziale Hilfen zukommen lassen und gem. Art. 22 EU-Aufnahmerichtlinie einen den Hilfebedarf beachtenden Umgang innerhalb der Zentralen Unterbringungseinrichtungen initiieren und unterstützen.
Wir unterstützen mit Hilfe unseres psychologischen Teams schutzbedürftige Menschen bei der Orientierung an dem neuen Lebensort. Konkret bedeutet das:
- Sicherheit aufbauen
- Ängste abbauen
- Ankommen
- Stabilisieren
- Erkennen von Schutzbedürftigkeit
- Diagnostik
- Vernetzung
- Empowerment
- Symptome reduzieren
- Ressourcenorientierung
Aufgaben
- Erstgespräche, Clearing und Anamnese – Um den Bedürfnissen der geflüchteten Menschen gerecht zu werden, verschaffen wir uns im Rahmen eines Erstgespräches oder Clearingprozesses einen Überblick über den benötigten Hilfebedarf (Bedarfsanalyse/psychosoziale Diagnostik). Die Anamneseerhebung erfolgt mittels standardisierter Diagnostikverfahren.
- Psychologische Diagnostik und Therapie- und Behandlungsempfehlung – Anwendung gängiger psychologischer Test- und Interview- Verfahren zur Abklärung psychischer Erkrankungen s. o. Die diagnostische Erhebung entspricht den Standards der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie und der WHO, dieses Vorgehen dient der Nachvollziehbarkeit, der Vereinheitlichung und der Qualitätssicherung der Diagnostik. Die angewandten Verfahren sind i. d. Regel statistisch abgesichert hinsichtlich Reliabilität und Validität. Zur Diagnostik gehört standardmäßig die klinische Exploration. Wir leiten weiter an die Ambulanz des Marienhospitals Hamm und kooperieren mit niedergelassenen Psychiater*innen, wenn eine psychiatrische Behandlung oder Diagnostik erforderlich ist. Die psychologische Diagnosestellung erfolgt nach den Kriterien des ICD 10 und DSM-V. In der Regel wird versucht, die diagnostischen Instrumente in der Muttersprache vorzulegen.
- Krisen – Bei akuten Krisen z. B. Suizid oder psychische Dekompensation leiten wir Akutmaßnahmen und Interventionen ein. Wir kooperieren mit Ärzten, die Einweisungen ggfs. PsychKG vornehmen oder einleiten. Im akuten Krisenfall informieren wir Polizei, Ordnungsamt und/oder Jugendamt. Im Fall von Kindeswohlgefährdung gehen wir nach den Qualitätsstandards des Trägers (Innosozial gGmbH) vor.
- Stabilisierung – Die Stabilisierung der Klienten steht oftmals an erster Stelle, bevor weitere psycho-therapeutische Interventionen zum Tragen kommen können. Psychoedukation und Aktivierung von Ressourcen. Erlernen und Anwenden von Skills zur Erfahrung der Selbstwirksamkeit und Reduktion der Symptome. Interventionen kommen aus dem traumatherapeutischen, hypnotherapeutischen und verhaltenstherapeutischen Spektrum. Wir nutzen selbstverständlich Entspannungsmethoden PMR, AT und imaginative Verfahren zur Reduzierung von Spannungszuständen.
- Psychoedukation – Die Psychoedukation ist ein weiterer Baustein im Rahmen der Stabilisierung. Durch die Interdisziplinarität kann hier schnell und flexibel auf die Erfordernisse der Situation eingegangen werden. Unsere Interventionen sind Klienten zentriert und zielen darauf ab, Ressourcen zu aktivieren und belastende Symptome zu reduzieren. Unser Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe.
- Hilfestellung bei somatischen Beschwerden bzw. Erkrankungen – Körperliche Einschränkungen werden durch uns erfasst. Wir vermitteln ggfls. weiter zu Ärzt*innen.
- Abfassen von Stellungnahmen – Wir verfassen psychologische Stellungnahmen, die der Vorlage bei Behörden oder Gerichten in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren dienen.
- Einrichtungsinterne(r) Austausch mit bzw. Vermittlung an Medical Center/ Betreuungs-dienstleister, zuständige Bezirksregierung, soziale Beratung (Asylverfahrensberatung, dezentrale Beschwerdestelle, Rückkehrberatung), um geeignete weitergehende Hilfen zu initiieren.
- Einrichtungsexterne(r) Austausch mit bzw. Vermittlung an Psychosoziale Zentren, Jugendämter, Frauenberatungsstellen, Rechtsanwälte, Fachärzt*innen, Anbindung in der Kommune, um geeignete weitergehende Hilfen zu initiieren.
- Bei Bedarf Unterstützung im Kontext von Verlegungen bzw. Zuweisungen – Sonderzuweisung; Informationsübermittlung an Bezirksregierung(en) und Kommunen unter Beachtung der datenschutz-/datensicherheitsrechtlichen Bestimmungen.
- Unterstützung im Kontext von Gewalt- bzw. Opferschutz sowie bei Bedarf Vermittlung an die zuständigen (Fachberatungs-)Stellen (im Fall von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Diskriminierungs-/Rassismus Erfahrungen, Mobbing, LSBT*I*Q)
Qualifikationen und Anforderungen an die Mitarbeiter*innen
Bachelor, Master oder Diplom Psychologe/Psychologin und/oder Bachelor, Master oder Diplom Sozialarbeiter/Sozialarbeiterin mit Zusatzqualifikationen in Traumapädagogik/Therapie oder vergleichbar.
Adresse und Ansprechpartner*innen
Psychosoziale Erstberatung / ZUE-Hamm, Alter Uentruper Weg 20, 59071 Hamm
- Malgorzata Hajdo: 0179 11106732 | hajdo@innosozial.de
- Victor Kalu: 0176 72312977 | kalu@innosozial.de